der Milchhof ... trauriges Ende eines Denkmals.
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Ein prägendes Bauwerk wird aus dem Stadtbild gelöscht. Nürnberg hat einen neuen Fall von Denkmalfrevel. Die Stadt wird dem Abbruch des Milchhofs zustimmen.
Der Milchhof ist nicht irgendein Industriebauwerk. Es geht um nicht weniger als eines der Hauptwerke des modernen Industriebaues. Der Entwurf für dieses 1930 errichtete und damals weithin beachtete wegweisende Bauwerk stammt von Otto Ernst Schweizer. Schweizer gilt als einer der profiliertesten Exponenten des Neuen Bauens der späten 20er Jahre und kann durchaus mit Walter Gropius, oder Ernst May in einem Atemzug genannt werden. |
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Die 108 Meter lange Betriebshalle – die jetzt fallen soll - fand wegen der bestechenden konzeptionellen Klarheit und der völlig neuartigen Dachkonstruktion seinerzeit internationale Aufmerksamkeit. |
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Das Milchhof-Areal ist von architekturgeschichtlicher Bedeutung die weit über die Region Nürnbergs hinausreicht. Es gehört zu den anerkannten Klassikern der Moderne und hat als solcher auch in einschlägige Standardwerke Eingang gefunden. Eine derart kulturvergessene und ignorante Haltung gegenüber erstrangigen Zeugnissen des architekturgeschichtlichen Erbes, wie sie hier in Nürnberg zutage tritt, wäre andernorts aber schlichtweg unvorstellbar. |
Die
ganze Angelegenheit hat ja bereits eine zwielichtige Vorgeschichte.
Nachdem die Milchversorgung das Gelände aufgegeben hatte, war es günstig
zu erwerben. Günstig deshalb, weil die hochrangigen Industriedenkmale
eine - aus immobilienwirtschaftlicher Sicht -optimale Verwertung durchaus
erschwerten. Bereits vor Jahren wurde vom Vorbesitzer veranlasst, das Dach
aufgeschnitten und die Tragkonstruktion beschädigt um die Milchtanks
auszubauen. Das hätte durchaus auch auf andere, die Bausubstanz schonende
Weise, erfolgen können. Da es nie Pläne gab, das Gebäude umzubauen oder
umzunutzen stellt sich die Frage, wozu das denn gut gewesen sein soll. Die
Kupferblecheindeckung des Daches wurde bei dieser Gelegenheit ebenfalls
demontiert und gewinnbringend als Altmetall verkauft. Das Gebäude wurde
also in einen Zustand versetzt, der dem raschen Verfall sehr förderlich
war. Der Eindruck dass es sich hier von Anfang an um die vorsätzliche
Zerstörung eines Denkmals ging, liegt sehr nahe. Nunmehr wird behauptet
das Gebäude sei nicht mehr sanierbar und außer dem Abbruch verbleibe
keine Option.... |
Bilder des Verfalls Wie der Zahn der Zeit am Charme eines Industriedenkmals nagt |
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zur Bildergalerie (Bayerischer Rundfunk) |
Reicht es also einen 'Sachzwang' zu inszenieren, weil sich die Verwaltung 'Sachzwängen' vorhersehbar beugt? Wenn dieses Vorgehen goutiert wird, steht zu befürchten dass es beispielgebend wird, wie man sich in Nürnberg ungeliebter Denkmäler entledigt. Der eigentliche Skandal ist aber, dass das Baureferat, wenig getan hat um ein architekturgeschichtlich bedeutendes Bauwerk zu retten und nach Konzepten einer neuen Nutzung zu suchen, diesem Zerstörungswerk tatenlos zugesehen hat. |
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Das erhaltene und sanierte Verwaltungsgebäude, ebenfalls von O.E. Schweizer (Bildquelle: Baukunst Nürnberg) |
Dass man mit Denkmälern der klassischen Moderne auch anders umgehen kann, und dass es offenbar auch keinen unauflösbaren Wiederspruch zur Rentabilität gibt, sondern nur eine Frage des Wollens und Wissens, bewies ein anderer Investor nur einen Steinwurf entfernt. Das benachbarte Milchhof-Verwaltungsgebäude wurde vor Jahren von der Alpha-Gruppe erworben, vorbildlich restauriert, maßvoll erweitert und einer neuen Nutzung zugeführt. |
Auf diese Weise bleibt der Stadt Nürnberg (ohne eigenes Zutun) wenigstens ein Fragment des Schweizerschen Ensembles erhalten. Es
kann aber nicht Maxime der Baupolitik in Nürnberg sein, nur auf solche glücklichen
Einzelfälle zu hoffen und ansonsten willkürlicher Zerstörung
widerstandslos zuzusehen und sich von vermeintlichen Sachzwängen
fremdbestimmen zu lassen, ohne dem überhaupt erst eigene klare
Vorstellungen und Konzepte entgegensetzen zu können. Es ist längst an
der Zeit, dass in Nürnberg klare Ziele für Stadtbild, Stadtentwicklung
und Denkmalpflege auch außerhalb der Altstadt entwickelt und durchgesetzt
werden.
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01.10.2007
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